Von Hagen Kamieth
Es ist warm, es riecht nach Diesel und es ruckelt immer mal wieder. Die Rundfahrt beginnt am Dom. Willi Vogel federt auf seinem Stuhl von oben nach unten. Immer wieder muss er hupen und darauf hoffen, dass Passanten rechtzeitig Platz machen und ihm nicht vor die Bahn laufen. Plötzlich muss der 77- Jährige bremsen, ein Lieferwagen versperrt ihm die Strecke.
Sechs Tage in der Woche fährt Willi mit der Bimmelbahn durch die Kölner Altstadt. „Sonntags, da habe ich frei, da mache ich gerne etwas mit meiner Familie.“ Früher ist Willi Vogel – „wie dat Vögelchen“ – , Reisebus gefahren, später dann in Köln im Linienverkehr und seit circa drei Jahren macht er Sightseeing-Touren mit der Bimmelbahn. Das Unternehmen besitzt sieben verschiedene Bahnen, die älteste ist die Emma. Mit der fährt Willi sehr gerne, da sie eine Rampe hat, mit der er dann auch Leute im Rollstuhl mitnehmen kann. Während Willi von seiner Vergangenheit erzählt, manövriert er immer wieder vorsichtig und bedacht durch die engen Gassen.
„Spaß kanns de he emmer han!“
Willi sitzt gerne in seiner Lok, vor allem wenn er eine Fahrpause am Dom hat, denn von dort aus kann er am besten die Leute beobachten kann. Immer wenn es geht, scherzt er mit überwiegend weiblichen Passanten und lacht sie herzlich an. Oder er grüßt sie einfach nur. Jeder Gastronom, Busfahrer oder Bimmelbahnfahrer kennt Willi. „Er ist eine Legende“, erzählt Jürgen Tetzlaff. Jürgen verkauft seit drei Jahren die Tickets für die Bimmelbahn.
„Dat es einfach zom totlachen witzig“, berichtet Willi, wenn Touristen versuchen sich und den ganzen Dom auf ein Bild zu bekommen. Immer wieder lässt sich auf seinem mit Falten durchzogenen Gesicht ein breites Grinsen erkennen, wenn er von solchen Situationen erzählt. Er fasst sich in sein grau gewelltes Haar und ergänzt dann noch, wie er viele Fotos „zerstört“. „Wenn ich dann sehe wie die Leute vor dem Dom posieren, stell´ ich mich einfach mit auf das Bild und lächle“. Besonders lustig sei es, wenn Leute vor seiner Lok posieren. „Manchmal greife ich dann durch das Fenster und kitzel die Leute am Kopf. Es ist so witzig, wie die sich immer erschrecken.“, erzählt Willi amüsiert.
„Noch nit!“
„Noch nit!“ murmelt er und stoppt das Lokradio, gerade sind sie erst am Kölner Dom vorbei gefahren, doch der Audioguide erzählt schon was von der Altstadt. „Das kommt immer wider vor“, erzählt Willi und zitiert die Ansage exakt richtig. Vorbei an vielen Gastronomiebetrieben wird es für den zwölf Meter langen Zug auch schon mal sehr eng. Am schlimmsten ist es, wenn der Markt im Sommer an der Rheinpromenade aufgebaut ist. Dort vorbei in Richtung Zoo zu fahren ist sehr schwer, da es sehr eng und voll werden kann, warnt Willi. Die Zoo Route wird aber nur in der Sommersaison befahren, heute ist also nur die Route zwischen Dom und Schokoladenmuseum dran, das mag der Kölner sehr gerne.
„Es aber net schlemm…“
„Bimmelbahnfahrer müssen auf alle aufpassen, Passanten und auch auf die Fahrräder.“ Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h kann es auch besonders auf Hauptstraßen, wie vorm „Schoko-Museum“, in der Bahn schon mal hektisch werden. Am wichtigsten ist es, dass man nicht die Ruhe verliert, erzählt er. Dann würgt man ab, „es aber net schlemm…“ Einen Unfall mit der Bahn hatte Willi noch nie, erzählt er von sich überzeugt, denn Willi weiß, was er für eine große Verantwortung hat.
Hindernisse vorm Kessel
Beim Einbiegen in eine kleine Gassen blinkt Willi ohne Ausnahme immer. Plötzlich schiebt er das Plexiglas Fenster zur Seite hupt und ruft. „Spejel einklappen.“ Nur so kommt Willi an der engen Stelle zwischen Gebäude und Lieferwagen vorbei. Doch schon kurze Zeit später huscht ihm ein Hund vor den Kessel „Geh flot wäch Jung.“ Behutsam tuckert Willi weiter über das Kopfsteinpflaster. „Dat es all Erfahrung!“ Man muss seine Erfahrungen machen und Situationen richtig einschätzen können.
Jeder kennt Willi, immer wieder wird er gegrüßt oder hält in seiner Pause kurze Pläuschen mit seinen Kollegen. „Heut Ovend jit et zwei Kölsch.“ Willi hofft, dass nicht so viele Bayern da sind, „die saufen das Kölsch immer weg, als gäbe es keinen Morgen mehr und nach zehn Kölsch fangen die dann an zu lallen.“
Am schönsten findet es der stolze vierfache Opa im Severiniertel, da ist Willi aufgewachsen und dort lebt er auch heute noch. Früher war Willi oft in der Türkei am Strand im Urlaub, doch „am schönsten es et immer noch im jode alten Kölle. Wenn ich den Dom aus dem Flieger seh´, weiß ich, ich bin wieder daheim. Da is´ et am schönsten…“