Von Mascha Pfennings
Der beißende Geruch von Blondierungsmittelund Kaffee liegt in der Luft. Der Salon „Michael Fuhrmann“ ist mit warmem Licht ausgeleuchtet. Es spiegelt sich in der goldenen Dekoration im Schaufenster. Das Geschäft liegt in einer Straße mit vielen teureren, edleren Läden.
Die Wände sind in verschiedenen Beigetönen gestrichen, gleichen optisch den frisch blond getönten Haaren der Kundinnen.Vier von ihnen sitzen vor ihren Spiegeln und schnatternmit zweien der angestellten Friseurinnen. Immer wieder ertönt ein lautes Lachen, im Hintergrund ist stetig das Geräusch eines Haarföhns zu hören. Und mitten drin steht leise Ömer Ilgörmez. Beiges T-Shirt, helle Jeans, schwarze Sneaker. Seine runde, silberne Brille glitzert im Sonnenlicht, als er vorsichtig und stumm den Kopf einer Frau mit blondem Bob und schwarzem Friseurkittel neigt. Er erzwingt keine Gespräche beim Frisieren und lässt die Stille lieber zu. Mit Schere und Minikamm bewaffnet fährt er ihr durch das Nackenhaar und frisiert einen bündigen Übergang zwischen Haar und Nacken. Kurz verschwindet er im Nebenzimmer und kommt mit einer kleinen silbernen Dose zurück. Mit seinen Fingern holt er Wachs heraus, wärmt es in seinen Händen an und streicht es der Kundin als Finish in die Haare.
Die Frau steht auf, bezahlt an der Kassse und geht, ohne Trinkgeld in die kleinen Gummientenspardosen zu werfen.In seinem gelernten Beruf als Friseur habe er manchmal das Gefühl, die Arbeit sei etwas, was einer „Massenabfertigung“ gleichkommt. „Es gibt aber auch immer wieder Personen, die meine Arbeit wertschätzen“, erzählt der neunundzwanzigjährige danach. Trotzdem ist es das, was ihm an seinem Beruf Spaß mache: das Interagieren mit Kunden und die immer neuen Herausforderungen.
Das ist der Grund, warum Ömer vom ausgebildeten Medientechnologe zum Friseur umschulte. Die Routine und die Langeweile nervten ihn nach dem Einstieg ins Arbeitsleben und somit entschied er sich dazu erst eine Ausbildung als Visagist anzufangen. Nach kurzer Zeit merkte er jedoch, dass ihm dieser Beruf auch nicht ganz zusagte. „Für mich ist Schönheit schwammig“ wirft er ein. Das sei ihm alles zu oberflächlich gewesen. Von Freunden und Bekannten ließ er sich inspirieren und fing 2013 die Ausbildung zum Friseur in Düsseldorf an. Damals merkte er, dass ihm das Schneiden von längeren Haaren deutlich mehr Freude bereitete als das von kurzen Männerhaaren. Das hat sich bis heute nicht geändert. Ömer, der nach seiner Ausbildungszeit nach Köln zog, um dort bei „Michael Fuhrmann“ zu arbeiten, mag es am liebsten, Kurzhaarfrisuren bei Frauen zu schneiden. Das liegt an der Varietät, an viel Platz für Kreativität, und daran, dass man „direkt sieht, ob es gut oder schlecht geworden ist.“
Er beschreibt sich selbst als Perfektionist, deshalb sei er oft unsicher gewesen und habe sich selbst im Weg gestanden. Heute sieh geht er anders an solche Situationen heran und fühlt sich eher gefordert als überfordert. „Es ist die fehlende Erfahrung, die mich unsicher macht“.
Schade findet er, dass seine Kreativität oft unter dem Zeitdruck leidet, umso schöner allerdings, wenn seine Arbeit trotzdem geschätzt wird und seine Kunden zufrieden sind. Manchmal muss er allerdings auch erleben, dass Kundschaft weniger offen für seine Arbeit ist „als hätten sie von vorne rein keine Lust auf mich gehabt“, kritisiert er, nimmt das Ganze nicht so wichtig nimmt und fügt hinzu, dass man sich schließlich dafür aussuchen kann, zu wem man geht. Er wünscht sich deshalb mehr Vertrauen und dass gezwungene Friseur-Gespräche gar nicht geführt werden müssen. „Ich bin halt eher der ruhige Typ und muss das gar nicht haben.“
Ömer steht immer noch an der Kasse und tippt etwas in den Computer ein, schaut rüber zu seinen Kolleginnen, die sich wieder lachend unterhalten. Leicht lächelndgeht er zum Sofa im Eingangsbereich. Er hat jetzt Pause.